Bezahlt wird nicht!

Non si paga! Non di paga! | von Dario Fo in der Urfassung von 1974 unter Verwendung von Texten von Jaques Derrida | Deutsch von Peter O. Chotjewitz

Großes Haus, Landestheater Coburg | 2020

Inszenierung | Bühne, Kostüm: Justus Saretz


„Es gewittert heftig im Coburger Landestheater und auch ansonsten ist der Premierenabend laut und stürmisch. Klar, es geht ja schließlich um Rebellion, um das Aufbegehren gegen ungerechte Verhältnisse, gegen Ausbeutung und Wucher: Weil sie die Miete, den Strom, das Gas nicht mehr bezahlen können und jetzt auch noch die Lebensmittelpreise steigen, platzt Mailänder Hausfrauen der Kragen: Sie plündern einen Supermarkt […].
Lustig ist das erst mal nicht, aber Dario Fo, der nobelpreisgekrönte Großmeister des politischen Volkstheaters, macht es lustig, weil er um die Macht des Humors weiß. Und Köhler, […] Coburger Bühnenzampano, setzt als Regisseur noch eins drauf, weil er ein Faible fürs Grelle hat. Und ziemlich wenig Berührungsängste. […]
Zwischen Scheinschwangerschaften und Sturzgeburten, Scheintoten und Säulenheiligen, Parolen und Tiraden geht es turbulent bis hysterisch zur Sache in diesem clownesken Schelmenstück. Dass es im Kern um das ewige Ringen um den rechten Weg zum linken Ziel geht, um den Konflikt zwischen Maulhelden und Machern, um Zivilcourage und Freiheit, droht im Klamauk unterzugehen.
Das dämmerte Köhler wohl selbst, und so hat er eine Figur hinzuerfunden, die uns den geistigen Überbau nahebringen soll: ein Salon-Philosoph doziert mit Worten des französischen Dekonstruktivisten Jacques Derrida über das Wesen des Arbeiters 150 Jahre nach Marx und warnt vor den falschen Gespenstern, die heutzutage umgehen in Europa: ‚Lasst uns die richtigen beschwören!‘.“ 

– Dieter Ungelenk, Neue Presse Coburg

„Was folgt, ist freilich kein revolutionärer Umsturz des auf der Ausbeutung des Proletariats gegründeten kapitalistischen Systems, sondern ein immer mehr ins Absurde sich entwickelndes Crescendo der Missverständnisse[, das] Thorsten Köhler mit unverhülltem Spaß an lautstarker Provokation auf die Bühne [bringt]. Als Regisseur hat Köhler ein ausgesprochenes Faible für Stoffe, mit denen sich die ganze Mechanik des Theaterspielens bedienen lässt. Verwechslungen und Täuschungen, Auf- und Abtritte in raschem Wechsel, gewürzt mit einer ordentlichen Prise Provokation. […] Immer grotesker werden die Situationen. […] In bester Commedia dell’arte-Tradition darf das Darsteller-Quintett der Lust am Karikieren frönen. […] Wer gern noch eine politische Botschaft mit auf den Heimweg nehmen will, kann dies mit allerlei aktuell wirkenden Anspielungen durchaus tun. […] Am Ende triumphiert die Komik einer absurden Logik. Amüsement in Corona-Zeiten trotz Maskenzwang und Abstandsregeln – Köhler wird für zwei temporeiche Theaterstunden zum einfallsreichen Sorgen-Vertreiber […]. Heftiger Beifall.“

– Jochen Berger, Coburger Tageblatt