Was ist denn heut bei Anhalts los? 

Kapitel V: Purgatorium | Ein Court-Room-Drama (Auszug)

---

(ein vollbesetzter Gerichtssaal. Der große Saal des Hollywood Courthouse. Frédéric auf der Anklagebank. Ihm gegenüber die Staatsanwaltschaft und Prinz Eduard, der rechtmäßige Erbprinz von Anhalt als Kläger. Rollstuhl und Bandagen künden noch vom Mordkomplott, dem er nur knapp entkommen ist.) 

Archibald Leach, Staatsanwalt: Mr Chapeleur, können Sie dem Gericht in Ihren eigenen Worten bitte erläutern, wie sich besagte Nacht für Sie und Ihre Brüder - und Ihre Schwester natürlich - gestaltet hat?

Prinz Alexander Ferdinand von Anhalt-Radegast-Raguhn aka Markus Kevin Chapeleur: (im Zeugenstand.) Ick habe also Anfälle. Die Tina, die Brüder und ich, wir sind an dem Aamd anne Tanke jewesen. Da haben wir so Champagner aus der Kühlung jesoffen.

AL: Entschuldigen Sie, dass ich Sie jetzt schon unterbreche Mr Chapeleur, aber ich muss Sie fragen, ob auch Sie die durchschossene Bauchdecke Ihrer Schwester nicht bemerkt haben? 

PA: Nee, die haben wir ja alle nicht jesehn. Leider. Die Tina ja selber och nich. Nun soll ick aber nicht soviel von den Fusel, sagt Daddy, und rauchen soll ick och nicht am besten, von wegen ja der Fallsucht und so. Und später isset dann passiert, da bin ich dann hacke wieder einfach umgefallen. Peng! Da bin ich dann mit vollem Karacho unten auf der Fresse uffjeschlagen und hab halt wieder voll krass abgezuckt so. (er macht es vor.) Ziemlich schlimm wohl auch diesmal. 

AL: Das tut mir leid. Und haben Ihre Geschwister einen Arzt verständigt? 

PA: Nee. Komischerweise war nämlich schon einer da jewesen. Der lungerte da so rum anne Aral. 

AL: Und das war Bojanov? 

PA: Ja genau. 

AL: Und Ihre Brüder waren da wo genau? 

PA: (mit veränderter tiefer Stimme.) Halt bloß dicht du Lusche. (sich fassend. Zu sich selbst.) Halt die Schnauze, ick sitz in'n Zeugenstand vielleicht? (zu Leach.) Ähm. Meine Brüder waren da schon daheim jewesen oder woanders uff Party was weiß ich. 

AL: Moment Mr Chapeleur. Sie erlitten einen Ihrer Anfälle und Ihre Brüder übergeben Sie ohnmächtig in die Arme eines komplett Unbekannten um ohne Sie nach Hause beziehungsweise in eine Diskothek zu gehen?

PA: (erneut in tiefem Proll.) Und warum auch nicht! Willst du Stunk du Fickfresse? (schnell wieder normal und sehr nervös und ängstlich.) Mmmmm.

Frédéric: (auf der Anklagebank.) Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass alle meine Adoptivkinder geistig herausgefordert sind und ergo auch für den Grad an Dummheit Ihrer Handlungen nicht verantwortlich gemacht werden können! 

Richter: Danke Mr Lichtenberg. Ob eine Unzurechnungsfähigkeit vorliegt, darüber hat das Gericht zu entscheiden. Setzen Sie sich bitte. 

PA: (dem es zunehmend schwerer fällt, seine gespaltene Persönlichkeit unter Kontrolle zu halten.) Mmmm. Bojanov war also schon dajewesen. Äh. Und auf alle Fälle war ick dann so ne janze Weile wohl weg gewesen und als ich dann wieder uffjewacht bin, da hat der versucht meine inneren Organe zu ernten. 

AL: Bojanov. Den Sie daraufhin vor Schreck in Notwehr erschossen haben. 

PA: (mit tiefer Stimme.) Natürlich Bojanov du schwule Sau! (fängt sich.) Ähm. Sorry. Ja richtig. Dr. Bojanov. 

AL: Ich frage mich, woran Sie bemerkt haben wollen, dass der Doktor Ihnen Organe entfernen wollte? 

PA: (platzt.) Was willst du Arschficker eigentlich von mir!? Versuchst du uns zu ficken du Wichser oder was? 

AL: (verdutzt.) Mr Chapeleur, ich- 

Prinz Olli von Anhalt: (eben noch Prinz Alexander.) Nein, hier ist nicht der Mister Schappelöhr, du Arschmöse, hier ist der Prinz Olli! Und als solcher hast du mich auch anzusprechen du Fotze! Sonst wird der Prinz nämlich mächtig böse und dann zeigt der dir mal, woran man das merkt, wenn man lebenswichtiger Organe verlustig geht! Haste das verstanden du Mongo! Bojanov war fällig! Und aus!

Richter: Mr Chapeleur! Mäßigen Sie ihren Ton!

F: So begreifen Sie doch, Euer Ehren! 

PO: (zum Richter.) Oder was du Volltunte? Steckst du mich sonst ins Gefängnis? Weil ich hier nicht mitspiele bei eurem Schauprozess ihr Nazis? Ich war schon im Knast du Ficker! Mir machst du keine Angst mehr!

Richter: Mr Chapeleur!

Prinz Eduard: (auf Olli.) Das ist der Mann! 

PO: Mein Arsch ist bereits gepflückt worden! Ich weiß, was es heißt, in der Dusche durchgereicht zu werden! Noch viel geschmeidiger kann meine Rosette also gar nicht werden du Homo! 

Richter: Sie beruhigen sich jetzt sofort wieder oder ich verurteile Sie wegen ungebührlichen Benehmens vor Gericht! ICH WARNE SIE! 

PE: DAS IST DER MANN! DAS IST DER MANN, DER MICH UMBRINGEN WOLLTE!

PO: EY WAS WILLST DU EIGENTLICH VON MIR? HALT DIE FRESSE DU ARSCHLOCH! 

Richter: (hämmernd.) RUHE!  

F: Verstehen Sie doch Mr Leach! Alexander wurde nicht von seinen Brüdern an der Tankstelle zurückgelassen. Weil sie nur in Einem auftreten. Brüder im Wachen und Brüder in der Ohnmacht! Verstehen Sie das? Alexander tritt nach vorn und die Brüder verschwinden! Oder aber er tritt ab und sein Bruder Oliver erscheint! Oder Marcus! Oder Eberhard! 

AL: Heiliger Strohsack! Aber natürlich! Alexander und Oliver! - Dann frage ich Sie jetzt Prinz: Haben Sie versucht, meinen Mandanten umzubringen? 

PO: Ey wollt ihr mich hier ficken oder was? Ich hab den Typen da noch nie gesehen! 

PE: ER LÜGT! DAS IST EINE LÜGE! 

AL: Antworten Sie auf meine Frage! Haben Sie versucht, meinen Mandanten umzubringen!

F: Du musst diese Frage nicht beantworten mein Sohn! 

PO: Ich werde die Frage beantworten! Sie wollen Antworten? 

AL: Ich glaube, ich habe ein Recht darauf! 

PO: SIE WOLLEN ANTWORTEN? 

AL: ICH WILL DIE WAHRHEIT! 

PO: DU LUSCHE KANNST DIE WAHRHEIT DOCH GAR NICHT VERTRAGEN! Junge! Wir leben in einer Welt voller Mauern und diese Mauern nenne ich Standesgrenzen und diese Standesgrenzen müssen von Männern mit Pistolen geschützt werden! Und wer soll das tun? Sie!? (zu Eduard.) Oder du du Spacken! Ich trage eine größere Verantwortung als es für Sie überhaupt vorstellbar ist! Sie genießen den Luxus! Sie genießen den Luxus, nicht zu wissen, was ich weiß. Dass Eduards Tod zwar tragisch wäre, aber wahrscheinlich die Auflagen gesteigert hätte! Und das meine Existenz, obwohl Sie Ihnen grotesk vorkommt und unverständlich ist, BOULEVARDMAGAZINE FÜLLEN KANN! Ihr wollt das nicht wahrhaben, denn tief in eurem Innern, und das sagt ihr nicht auf Parties oder auf
Vernissagen oder auf Premierenfeiern in irgendwelchen Opernhäusern dieser Welt, WOLLT IHR, dass ich an dieser Mauer stehe! Ihr braucht mich an dieser Mauer! Wir stehen zu Worten wie Glanz! Glamour! Optische Opulenz! Für uns sind diese Worte Ausdruck eines Lebens, das wir leben, um etwas zu verteidigen, etwas zu verkaufen, und letztendlich um uns von Leuten wie Ihnen abzugrenzen, LEACH! Für Sie sind das nur Sprüche! Ich habe weder die Zeit noch das Bedürfnis, mich hier zu verantworten. Für einen Mann, der unter die Decke jener Befriedigung schlüpft, die ich den Abonnenten der GALA, der BUNTEN, der ADEL HEUTE und des GOLDENEN BLATTES und sogar der BILDZEITUNG gebe, und der dann die Art anzweifelt, wie ich das mache!

AL: HABEN SIE VERSUCHT, MEINEN MANDANTEN ZU ERMORDEN? 

PO: NEIN DAS HABE ICH NICHT! 

PE: DAS IST GELOGEN! DAS IST GELOGEN! 

PO: WER LÜGT HIER? KOMM DOCH HER! DICH FOTZE MACH ICH KALT! Uäää. (er beginnt zu würgen.) 

Richter: (hämmernd.) Mr Chapeleur! Mr CHAPELEUR! 

PO: Uuuäh. 

Richter: Mr LICHTENBERG! HÄTTEN SIE DIE GÜTE, IHREN SOHN ZU MEHR MÄSSIGUNG AUFZURUFEN!

PO: (würgt.) Ich bring dich um duä- duää- duäääääh-! 

F: (abwesend.) Was bitte Euer Ehren?

Richter: Mr LICHTENBERG! ICH FLEHE SIE AN!

PO: - DUÄ HUÄRENSOHN! (er erbricht etwas, das dumpf vor ihm auf dem Boden aufschlägt.) 

AL: Großer Gott! Er hat eine Schusswaffe erbrochen! 

PO: (mit der Pistole im Anschlag.) Euch fick ich ihr Hunde! Und ich hoffe, JEMAND FOTOGRAFIERT DAS HIER! 

Richter: Mr LICHTENBERG! TUN SIE ETWAS! 

(doch Frédéric ist schon lange weit weit weg. Musik setzt ein. Meeresrauschen. Ein gut gefüllter Strand. Malibu. Zsa Zsa in einem Badeanzug. Sie kommt vom Schwimmen.) 

Zsa Zsa: Oh Frédéric! So zieh doch zumindest das Sakko aus, es ist ein so schöner Tag. Das Wasser ist wundervoll! Sieh nur! Magda! Sie liebt das Wasser! (sie winkt ihrer Cousine zu, die irgendwo hinter dem Publikum im Pazifik planscht.) 

Magda: (im Off.) Fredfick! Schaschi! Hahaha! 

F: Zsa Zsa. Ich möchte- ich muss dir sagen, wie wundervoll mein Leben mit dir an meiner Seite ist. 

Z: Oh Frédéric! 

F: Das Leben mit dir und Magda - alles wirkt mit einem Mal so hell und freundlich. Fast wie schwerelos. Ich- ich bin wie verwandelt. Dank dir! Dank Magda! Und ich habe das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, angekommen zu sein. Ich liebe dich Zsa Zsa (er holt einen Ring hervor.) 

Z: Frédéric! 

F: Zsa Zsa. Willst du meine Frau werd-n? (die Musik verändert sich. Die Idylle verschwindet. Panische Schreie im Off. Eine Stimme: Ein Hai! Dort ist ein Hai!)

Z: Oh Gott! MAGDA! Sie- Frédéric, SIE IST NOCH IM WASSER! 

M: (im Off.) Fredfick! Fredfick! Schascha! SCHASCHAAAAARGH!

(Zsa Zsa und Frédéric müssen hilflos zusehen, wie Magda in Stücke gerissen wird. Die Musik verstummt. Ebenso Magdas Schreie. Zsa Zsa weint. Stille.)

Z: (plötzlich.) Ja Frédéric. Ja. Ich möchte deine Frau werden. 

(Zsa Zsa verbleibt während der folgenden Szene in Frédérics Arm, wo nur er sie sehen kann. Zurück im Gericht. Tumult.) 

F: (sehr sanft.) Und da wussten wir. Mit einem Mal waren wir nicht nur ein Paar, wir hatten auch eine Aufgabe. Eine Verpflichtung. Audrey Hepburn. Jane Fonda. Die fuhren nach Afrika. Zsa Zsa und ich, wir holten die Ärmsten einfach zu uns nach Hause. Magda hätte es so gewollt. Wir füllten den Platz, den der Hai gerissen hatte, indem wir zurückgebliebenen Jugendlichen eine Perspektive gaben. Und einen Adelstitel. (er tritt zu Oliver, nimmt ihm sachte die Waffe aus der Hand und tätschelt ihm liebevoll den Kopf.) 
Und der Boulevard liebt sie. Ihr individueller Hemmschuh scheint völlig irrelevant. Ihre Meinung ist gefragt. Obwohl sie allesamt Idioten sind. Sie geben Interviews, gehen auf Filmpremieren und Parties. Sie sind reich und schön. Trotz einiger schwerwiegender Handycaps. Ich habe geistig Minderbemittelte auf dem gesamten Erdball adoptiert. Ich habe den Namen Anhalt in die Welt hinaus getragen. Es gibt Prinzen von Anhalt in Indien, in Afrika, Sachsen-Anhalt - in den ärmsten und trostlosesten Ländern dieser Erde. Wir sind Prominente Mr Leach, Euer Ehren. Aber eben auch alle Behinderte. Wir alle. Verwandelte, wie Zsa Zsa uns nennt - geistig, körperlich, seelisch, der Disziplinen sind viele. Und ich versichere Ihnen, wir können gar nicht morden. Säbelrasseln ja. Aber morden? Nein. (er küsst Olli, der mittlerweile wieder zu Alexander mutiert ist.)

PA: (unter Tränen.) Ich liebe dich Daddy!

F: Und ich liebe euch Alexander!

PA: (wie Schluckauf mit verstellter Stimme.) VENCEMEROS! 

PE: NEIN! NEIN! Ihr habt versucht, mich umzubringen! Ihr habt mir Starthilfekabel an die Hoden geklemmt und versucht, MICH UMZUBRINGEN! UND ICH KANN ES BEWEISEN! 

PO: Was kannst du schon beweisen, du ARSCHLOCH! 

F: Pscht. 

PA: Sorry Daddy. 

PE: Oh doch! Ich kann es beweisen! WEIL ICH ES WAR, DER GEENA-LISA ERSCHOSSEN HAT! SIE HAT MICH GEFILMT ALS ICH SIE ERSCHOSSEN HABE. (er wirft ein Smartphone vor sich auf den Tisch.) Es ist alles hier. Auf ihrem Handy. 

PO: DU VERDAMMTER PSYCHO! 

Richter: Angeklagter! Schweigen Sie! Leach! Reichen Sie mir das Handy. 

(Leach gibt ihm das Handy, der Richter besieht sich den Videoclip.)

Richter: Julian Eduard Erdmenck Ernst-August von Anhalt. Ich erlasse Haftbefehl gegen Sie wegen des Mordes an Geena Lisa Lohfink, Prinzessin von Anhalt. 

PE: W- Was fällt Ihnen ein? Ich bin hier das Opfer! Ich- Diese Männer haben versucht, mich umzubringen! Nein! N-Lassen Sie mich los! (er wird in Handschellen hinausgeführt.) Das war Notwehr! NOTWEHR! UND ICH BIN NOCH NICHT FERTIG MIT EUCH! ICH BRING EUCH ALLE UM! EUCH ALLE! ICH STEHE ÜBER DEM GESETZ!

Richter: Und was Sie und Ihren Sohn angeht Mr Lichtenberg-

F: Meine Söhne.

Richter: Sie und Ihre Söhne, richtig, so weise ich die Klage des versuchten Mordes ab. (er lässt den Hammer niedersausen.)

F: Welch Glück. Ich hätte nicht gewusst, wie ich aus der Scheiße wieder rauskomme. 

PA: OH DADDY! 

F: Und nun gute Nacht, ihr Prinzen von Anhalt, ihr Könige von Askanien! 

Z: Ich liebe dich Frédéric! 

F: Und ich liebe dich Zsa Zsa!

---